Der Clanleader stand am Fenster und schaute auf das Trainingsgelände hinunter. JetLi stauchte gerade einige neue Rekruten zusammen. Immer wieder standen seine Schützlinge auf, genervt von dem Drill und wiederholten die Übung. Aber keiner sagte was. JetLi war ein Perfektionist, und so lange die Taktik nicht perfekt verlief, gab er sich nicht zufrieden.
Wenigstens konnte man sicher sein, dass die Rekruten nach dem Training nicht mehr murrten. Danach waren sie meist zu fertig, um überhaupt noch zu reden.
Hinter sich hörte Fulli ein leises Blöken und das Bimmeln einer Kuhglocke. Er drehte sich um und schritt langsam zu seinem Schreibtisch.
Guten Tag, meine Herr... meine Tiere. Und Willkommen bei Team Laval.
Tach, sagte Muhi.
Määäh, grüßte das Schaf.
Fulli nickte. Ich möchte mich nochmal für die ungewöhnliche Rekrutierungsmethode entschuldigen. Aber wie Blacky euch sicher schon erklärt hat, war der diplomatische Weg leider nicht möglich. Zudem mussten wir unter den unzähligen Tieren auf der Weide die richtigen finden. Und darin sind Redrum und Scorpion einfach die besten.
Ist schon okay, meinte Muhi und machte mit seiner Hufe eine winkende Geste. Soviel Spass hatte ich schon lange nicht mehr.
Das Schaf schenkte ihm einen bösen Seitenblick, sah dann den Clanleader fragend an. Man hat uns gesagt, wir hätten gleich eine Mission.
Fulli nickte. Genau. Meine Teams sind für andere Missionen eingeteilt und hinzu kommt, dass sie für diesen speziellen Auftrag nicht so gut geeignet sind wie ihr beide.
Ach tatsächlich?, wunderte sich das Schaf und wedelte mit seinen Vorderläufen. Was ist denn das für eine Mission, in der zwei Paarhufer besser geeignet sind als Menschen?
Fulli grinste, sehr zur Bestürzung von Sheep mit einem leichten sadistischen Anflug. Er schob eine Schublade auf und legte zwei Flugtickets auf den Schreibtisch.
Ungeniert schnappte sich Muhi eines davon und las sich die Daten durch. China?, fragte er schliesslich. Was zum Teufel sollen wir in China?
Unseren neuen Mann abholen, erklärte Fulli ungerührt. Er lebt dort. Und wir wollen ihn in unserem Team.
Das Schaf zeigte mit der Klaue zum Fenster. Schickt doch euren Ausbilder. Der versteht wenigstens die Sprache.
JetLi ist Vietnamese, kein Chinese. Asiate ist nicht gleich Asiate, Sheep.
Das Wollvieh zuckte mit den Schultern. Eine Geste, die bei Paarhufern immer ein wenig dramatisch aussah. Für mich sehen alle Menschen gleich aus.
Muhi grinste. Aber die weibliche Spezies unterscheidet sich schon in einigen Dingen.
Wie auch immer, unterbrach Fulli die beiden Paarhufer. Ihr werdet nach China fliegen und von dort geht die Reise weiter nach Tibet. Wenn ihr den Drachen gefunden habt, rekrutiert ihr ihn und bringt ihn mit.
Die beiden Tiere sahen sich an und wandten sich dann mit bestürztem Blick dem Clanleader zu.
Das isn Scherz, oder?, muhte die Kuh. Wir sollen einen Drachen treffen? Einen Drachen?!
Fulli sah die beiden an mit einem Blick, als verstünde er die Frage nicht. Ja, einen Drachen. Ihr wisst doch, was ein Drache ist, oder?
Genau da liegt das Problem!, heulte Sheep. Wir wissen ganz genau, was Drachen sind! Große, schuppige Fressmaschinen! Mit eingebauter Mikrowelle und Flügeln!
Und wir sind das Fressen!, schimpfte Muhi verzweifelt. Der Snack, das Knoppers, das andere Ende der Nahrungskette! Wie kannst Du uns dahin schicken?!
Der Clanleader zuckte mit den Schultern. Er mag halt keine Menschen. Tiere dafür um so lieber.
Kann ich mir lebhaft vorstellen, murmelte das Schaf besorgt.
Demonstrativ schaute Fulli auf seine Armbanduhr. Ihr fliegt in einer Stunde. Meldet euch bei Blacky. Sie kümmert sich um alles weitere.
Aber wir wollen nicht!, riefen Sheep und Muhi unisono.
Der Clanleader zuckte mit den Schultern und lächelte.
Eine Auslandsreise umsonst, neue Menschen kennenlernen und eine aufregende Mission. Was kann man sich mehr wünschen?
Außerdem ist das alles weit weniger gefährlich, als ihr vielleicht denkt.
Ach ja?, heulte das Schaf spöttisch. Und warum sollte das so sein?
Fulli grinste breit über das ganze Gesicht. Das werdet ihr sehen, wenn ihr den Drachen trefft. Ihr dürft gehen.
Die beiden Paarhufer blieben noch eine kurze weile sitzen, bis sie begriffen, das dies eben keine Bitte oder ein Abschied war, sondern ein Befehl. Sie standen auf und versuchten einen ungeschickten, militärischen Gruß, der Fulli dazu veranlasste, skeptisch eine Augenbraue zu heben.
Keine zwei Stunden später saßen zwei Nutztiere in einem Airbus und flogen mit gemischten Gefühlen über den Kontinent.
JetLi sah mit kritischen Blicken zu, wie Sonja über den Trainingsparcour hoppelte. Sie gehörte nicht zum Team Laval. Nicht im offiziellen Sinne, aber sie kämpfte oft genug mit den Jungs, um einen gewissen Sonderstatus einzunehmen. Und manchmal nahm sie Trainingsstunden bei JetLi. Sie war geschickt, auf ihre Weise. Und sie traf auch recht gut. Aber über alles weitere konnte man sich bestenfalls streiten.
Manchmal stand sie einem Gegner gegenüber und machte alles, wirklich alles falsch. Ein anderes mal schaltete sie einen Profi nach dem anderen aus, die ihr fassungslos hinterher schauten. Und dann ihre Granaten. Selbst JetLi hat sie fürchten gelernt.
Es war eine bekannte Taktik, eine Nade kurz vor dem Aus zu werfen oder als letztes Mittel zu benutzen. Und jeder Kämpfer, der etwas von seinem Job verstand, rechnete mit sowas.
Nur bei Sonja war es irgendwie anders. Das helle klink-klink einer auf dem Boden springenden Granate, wenn man die Frau erledigt hatte, trieb vielen harten Männern das Adrenalin in die Adern. Teamkollegen gleichermaßen wie Feinde gingen immer wieder dabei drauf, obgleich man bei Sonja immer, wirklich immer damit rechnen musste.
Wie macht sie sich?, fragte eine Stimme hinter dem Trainer.
JetLi drehte sich um und verschränkte die Arme vor der Brust, während Fulli ihm neugierig zuhörte.
Schwer zu sagen. Ihre Fähigkeiten waren nie leicht zu bestimmen. Ihre Tagesform schwankt bei ihr weit mehr als bei jedem anderen Kämpfer, den ich bisher unterrichtet habe.
Fulli zuckte mit den Schultern. Das wusste er selber. Und im Gegensatz zu den anderen Rekruten war es bei Sonja nicht wichtig, wie gut sie war. Er schätzte ganz andere Qualitäten an ihr, und die konnte sie gewiss nicht von JetLi lernen.
Der Clanleader schaute auf die Dossiers, die auf dem Schreibtisch des Ausbilders lagen. Die Namen von dem Schaf und der Kuh standen mit großen, schwarzen Lettern auf der Deckpappe. Was hälst Du von unseren Neuzugängen?
JetLi seufzte laut. Was soll ich dazu sagen? Du kennst meine Meinung über Deine Auswahlkriterien. Bisher hast Du Dich nie getäuscht und mir immer das Gegenteil bewiesen. Aber diesmal, mein Freund, hast Du Dich tierisch vertan, fürchte ich.
Nettes Wortspiel, bemerkte Fulli knapp. Ich denke, sie werden unser Team sinnvoll bereichern. Schließlich sind sie Veteranen. Haben also genug Erfahrung mitgebracht.
In was?, fragte JetLi verzweifelt. In Psychosen? Die beiden haben den Krieg überlebt, weil sie mit der Zunge an den Abzug kamen, als sie an einer Waffe rumkauten. Besser kann man das nicht sagen! Das ist keine Art zu kämpfen, das ist ein Versehen!
Sie haben die Biberkriege überlebt. Das konnte man von den wenigsten Tieren dort sagen.
Es gibt immer ein paar Glückspilze. Die beiden gehören anscheinend dazu. Die beiden sind ein Gericht ohne Namen. Für Fastfood noch zu Schade!
Sie sind die Cremé
JetLi seufzte erneut. Sie sind der Käse, Fulli. Warum hast Du sie hergebracht?
Weil ich denke, ein gut gemischtes Team mit vielfältigen Fähigkeiten hat die Chance, in der TOWCL ganz nach oben zu kommen.
Und ich denke, Skill und Aiming spielen eine primäre Rolle.
JetLi, Deine Meinung in allen Ehren. Aber Du sollst die Rekruten ausbilden. Der Rest ist mein Ressort. Denkst Du, Du kannst bei den beiden was rausholen?
Ja, ein gutes Steak und ein paar warme Socken...
Im ernst, Jetti.
Der Asiate setzte sich schwer hin und schüttelte den Kopf. Ich weiss es nicht. Dazu müsste ich sie erstmal im Parcour sehen. Prüfen, wie die beiden drauf sind.
Sie haben Redrum und Scorpion in kürzester Zeit ausgeschaltet. Das Schaf hat sogar ein Motorrad zerstört.
Ich hab auch mal ein Tier angefahren. Danach hatte mein Auto auch Totalschaden. Aber gut. Ich nehm sie hart ran. Und wenn nur die Hälfte der Gerüchte stimmen, die man von den Biber-Wars hört, werde ich nichts mehr dazu sagen und die beiden ins Trainingsprogramm aufnehmen.
Gut, sagte Fulli zufrieden. Mehr wollte ich nicht.
Was versprichst Du Dir davon?, fragte JetLi, als der Clanleader das Trainingsgelände verlassen wollte.
Fulli drehte sich noch einmal um, breitete seine Arme in einer umfassenden Geste aus und lächelte breit. Jede Menge Fun.
Als der Leader verschwunden war, nahm JetLi die Dossiers und warf sie missmutig in den Ablagekorb. Und wer hat die ganze Arbeit dabei?, murrte er.
Redrum aktivierte den Helmfunk. Wie ist Deine neue Kiste?, fragte er seinen Kumpel.
Weiss noch nich, knackte es in den Kopfhörern. Fährt sich noch recht ungewohnt, ein wenig schwerfällig.
Is ja auch schwerer als die Alte. Hat aber mehr Power.
Will ich hoffen, knurrte Scorpis Stimme in Redrums Ohren. Die werden wir gleich brauchen. Und wenn wir zurück sind, überfahr ich das Schaf!
Redrum lachte. Lass es lieber. Nachher geht Dein neues Motorrad auch noch kaputt.
In einigen vergitterten Fenstern vor ihnen gingen Lichter aus.
Showtime, kratzte Scorpis Stimme über den Funk. Wir sind dran. Leg los.
Redrum nahm einen Granatwerfer aus den Satteltaschen und zielte sorgfältig auf die Wachtürme. Mit einem hohlen, dumpfen Knall schoss eine Granate aus dem Lauf, durchschlug das Fenster des Wachturmes. Nur kurze Zeit später entwickelte sich schwerer Rauch, der durch die Scheibe quoll. Redrum schoss noch dreimal, bis alle vier Wachtürme mit Tränengas geflutet waren. Dann lud er eine Granate nach und schoss auf die Mauer, keine Zwanzig Meter vor ihnen.
Die Motorräder vibrierten unter der heftigen Explosion. Noch bevor der Rauch sich verzog, drehte Red Scorpion auf und fuhr los, verschwand in den Rauchschwaden.
Im Gefängnis selber war die Hölle los. Wächter rannten hustend und tränend durch die Gänge, versuchten vezweifelt, Kontakt mit den Wachtürmen aufzunehmen und gleichzeitig die revoltierenden Gefangenen unter Kontrolle zu halten.
Das alles geschah ein Stockwerk über Scorpi. Er selber befand sich in einer kleinen Aula, wo verschreckte und aufgebrachte Insassen kurz davor waren, sich die Stühle über den Kopf zu schlagen. Scorpi beschleunigte.
Eine schwere Maschine mit sattem Sound bekommt immer Aufmerksamkeit. Insbesondere dann, wenn sie auf einen zuraste und keine Anstalten machte, anzuhalten. Die Männer bildeten hastig eine Gasse, um dem Motorrad auszuweichen, das unbeirrt auf eine kleine, improvisierte Bühne zuhielt.
Erst im letzten Moment bremste er ab und schlitterte seitlich an den Rand der Bühne.
Die Drei Typen auf der Band hatten das ganze Geschehen verwundert, aber auch mit gewissem Interesse verfolgt.
Hoi, Jungs!, rief Scorpi fröhlich und nickte einem der Männer zu, der eine Gitarre in der Hand hielt. "Lasst eure Klampfen fallen und greift mal in meine Satteltasche. Was ihr darin findet, wird euch weit besser gefallen.
Der Mann mit der Gitarre schaute seine Kumpel auf der Bühne an, dann zuckte er die Schultern und legte das Instrument auf den Boden und ging auf Scorpi zu, der geduldig wartete.
Er wühlte klappernd in den Satteltaschen und sein Gesicht erhellte sich, als seine Hände Dinge ertasteten, die sie schon lange nicht mehr halten durften.
Au mann!, freute sich der Knacki. Eine Cobra 357!
Ein kleiner blauer Kerl schritt neugierig näher und sah dem Mann mit der enormen Handfeuerwaffe über die Schulter. Ist da auch 'ne MP drin?
Rotz nickte und wühlte abermals in den Satteltaschen, bis er dem Schlumpf eine Maschinenpistole in die Hand drückte.
Die Augen des blauen Kerlchens strahlten.
Sniper?, fragte Shu hinter ihnen.
Scorpion schüttelte den Kopf. Das sind Satteltaschen, mein Freund, keine magischen Beutel. Er nahm seine AK von der Schulter und warf sie dem Mann zu. Hier, nimm die wenn Du auf große Sachen stehst.
Shu fing die AK aus der Luft und grinste wild.
Ihr solltet euch langsam beeilen. Die Wärter werden nicht ewig vom Tränengas aufgehalten. Draussen steht ein Wagen. Der bringt euch hier weg. Lauft mir einfach hinterher. Und wenn ihr auf Probleme stoßt..., Scorpi machte eine wegwerfende Geste. Schiesst sie einfach nieder.
Wer bist Du eigentlich?, fragte Rotz misstrauisch. Und warum willst Du uns hier rausholen?
Kennt ihr das Team Laval?
Die drei Männer schüttelten den Kopf.
Und die TOWCL?
Wieder kopfschütteln.
Seid ihr neugierig, was das sein könnte?
Hat es was mit rumballern zu tun?, fragte Shu hoffnungsvoll.
Jede menge!, versprach Scorpi.
Shu nickte knapp. Das reicht für mich. Ich will wissen, was es mit dem ganzen Zeug auf sich hat. Außerdem hab ich kein Bock mehr auf Gefängnis.
Wir können hier nicht so einfach weg!, rief Schnubbel besorgt. Wir haben noch nie 'nen Gig verpasst! Die Jungs hier zählen auf uns!
Du bist den Jungs hier scheissegal, Mann!, schnauzte Rotz den Schlumpf an. Die kommen nur hier her, weil wir eine der wenigen Abwechslungen waren!
Das stimmt, erklärte Shu dem Scorpi auf dem Motorrad, der die Unterhaltung mit leichter Verwirrung verfolgte.
Meist haben sie mit Sache nach uns geworfen.
Mit was für Sache?, wollte Red Scorpion wissen.
Oh, Stühle, Kernseife, manchmal auch mit Schnubbel.
Erstaunt drehte sich der Motorradfahrer zu dem kleinen Schlumpf um. Und Du willst wirklich hier bleiben?
Wir sind die Jail House Rockers, erklärte Schnubbel stolz. Wir sind Künstler!
Seit wann?, fragte Rotz erstaunt. Du würdest nen Akkord nichmal treffen, wenn er Dir ins Gesicht spränge. Und Shu kann froh sein, dass er kochen kann, denn als Sänger würde er verhungern. Und ich hasse Gitarren! Habe sie immer gehasst!
Aber wir sind Künstler und Künstler...
Rotz schnappte sich den Schlumpf und packte ihn in seine Brusttasche, die wilden Proteste stur überhörend.
Scorpi schaute nach unten, als die Truppe an ihm vorbei schritt.
Du hast zwei verschiedene Paar Schuhe an, sagte er zu Shu.
Der Mann blinzelte ihn an. Die Augenbrauen zogen sich gefährlich über der Nase zusammen.
Was is?
Scorpi zeigte auf den Turnschuh und den Slipper. Ich sagte, Du trägst einen Schuh, der...
Sag mal, willst Du mich anmachen oder was?, fuhr Shu ihn auf einmal zornig an. Scorpi wich verwirrt ein wenig zurück. Nein, ich..., ein Zupfen an seiner Ledermontur unterbrach ihn und er wandte sich zur Seite. Der Schlumpf winkte ihn näher und Scorpi neigte seinen Kopf ein wenig, damit Schnubbel ihm etwas zuflüstern konnte. Rotz schaute nach oben und seufzte. Ihm war die Situation mehr als nur ungewöhnlich. Denn vom weiten sah es aus, als würde ein Mann mit Motorradhelm den Kopf an seine Brust lehnen.
Tatsächlich?, wunderte sich Scorpion, während der Schlumpf weiter in sein Ohr zischte, und nickte. Ja, verstehe. Er blickte kurz zu Shu, der ihn wachsam im Auge behielt und misstrauisch versuchte, zu lauschen.
Mhm, sagte Scorpi. Sieht man ihm gar nicht an. Ja. Danke, werd's mir merken.
Scorpi richtete sich wieder auf und nickte in Richtung Shu. Schon gut, hab mich vertan. Vergiss es einfach.
Shu grummelte etwas in sich hinein und lief dann dem Motorrad hinter her, das wieder den Weg zurückfuhr, aus dem es in die kleine Gefängnisaula eingedrungen war.
Als die Mannschaft draußen war, packte Redrum den Granatwerfer weg. Er fuhr der Truppe entgegen und nickte Scorpi zu.
Die beiden Männer mit den Motorrädern flankierten die Ex-Knackis zu dem Kleinbus, der sie in ein Basislager von Team Laval bringen würden, von wo die Reise zum Hauptquartier weitergehen würde, sobald alle gefälschten Urkunden, Dokumente und Amnesie-Bescheinigungen gefälscht und den entsprechenden Behörden vorgelegt waren.
Muhi und das Schaf standen vor dem riesigen Höhleneingang.
Mehrere Sattelschlepper hätten bequem nebeneinander hineinfahren können, und ein Hubschrauber noch oben weg.
Dennoch verlor sich das innere schon nach kurzer Zeit in dunklen Schatten und überließen den Rest der strapazierten Phantasie der Paarhufer.
Der einheimische Führer hatte sich zuerst energisch geweigert, die beiden dorthin zu führen. Sie mussten ihm das dreifache bezahlen, damit er den Job annahm. Zusätzlich verlangte er ein Foto von den beiden Tieren. Verständnislos willigten die MuhKuh und Sheep ein. Danach brachte man sie hierher und der Führer meinte, er würde ein wenig weiter entfernt warten.
Muhi schaute hoch zum Höhleneingang.
Die is ja riesig, schluckte er.
Schaf nickte verzweifelt. Ja. Und was für ein Tier braucht eine so verdammt große Höhle?
Ein verdammt großer Drache, folgerte die Kuh.
Schaf seufzte. Also gut. Geh vor. Ich halte hier die Stellung.
Muhis riesiger Kopf ruckte herum. Was? Bist Du irre? Du gehst vor und ich warte hier!
Wieso ich? Ich bin viel schneller und kleiner! Wenn was passiert, hab ich die besten Chancen, davon zu kommen. Außerdem, wenn er Dich zuerst frisst, ist er vielleicht satt und verschont mich. Dann kann ich mit ihm reden und...
Nix da! schüttelte die Kuh den Kopf und stampfte energisch auf. Ich bin doch nicht Dein Leibwächter. Wenn er wütend wird, kannst Du schneller fliehen als ich. Ich höre dann Deine Schreie und weiss, was Sache ist.
Die beiden Paarhufer starrten sich einige Augenblicke finster an, wägten Argumente ab, den anderen vorzuschicken, um ihre eigene Haut zu retten.
Ich hab's, meinte die Kuh schließlich. Wir machen Schnick, Schnack, Schnu. Wer dreimal verliert, geht rein, Okay?
Sheep nickte und streckte seine Hufe aus. Na gut.
Muhi streckte ihm seine Klaue entgegen und fing an, den Reim zu intonieren, während beide ihre Hufen schwangen.
Schnick....Schnack....
Beide Hufe hielten voreinander an. Schnu!
Paarhufe gegen Paarhufe.
Noch einmal, forderte die Kuh.
Nach drei weiteren Versuchen meinte das Schaf Vielleicht ist das keine gute Idee. Wir kriegen nur Hufe hin. Aber weder Stein noch Papier oder Schere.
Also das von mir vorhin war eindeutig eine Schere!
Das war bestenfalls Zange aber nicht Schere!
WER WAGT ES, MEINEN SCHLAF ZU STÖREN?, donnerte es unvermittelt aus den Tiefen der Höhle. FÜRCHTE DICH, STERBLICHER, DER DU MEINEN ZORN GEWECKT HAST!
Das isser quieckte das Schaf. Das isser! Wir sind verloren! Er wird uns fressen!
BleibganzruhigSchafidasistnureinDrachediemachendasimmersokeinePanikeinfachruhigbleiben,
Sprich doch nicht von Panik, flehte Sheep.
Sie hörten ein Schlurfen. Sie hörten ein Stampfen. Und sie hörten ein Kratzen, das klang wie Schuppen die an Stein schabten.
Muhi und Sheep klammerten sich aneinander, zitterten wie Wackelpudding auf einem Presslufthammer.
Das Schlurfen kam näher und die beiden Paarhufer begannen mit einem Wimmern, das sich mit jedem näherkommenden Schritt in der Tonlage steigerte.
Ein riesiger Schatten von einem Ungeheuer mit langem Schwanz, riesigen Fängen und enormen Klauen wurde an die Höhlenwand geworfen. Waaaaaah! schrien die beiden Tier.
Dann huschte eine kleine Echse aus dem Eingang.
In Muhis Kopf klickte etwas und seine Urinstinkte übernahmen die Kontrolle. Er stieß ein erschrockenes MuuuUUUH! aus und trampelte mit den Hufen auf dem kleinen Reptil herum.
Schaf erholte sich von der Überraschung und stieß die Kuh an.
Hör auf, Muhi. Hör auf. Das is nur ein kleiner Salamander.
Die Kuh trabte nervös ein paar Schritte zurück.
Er ist feuerrot. Vielleicht ist er giftig? Nachher brennt es wie Sau und ich bekomme Ausschlag!
MuhKuh streifte angewidert mit seinen Hufen über den Sand, sah dabei aus wie eine schlechte Michael Jackson Imitation des Moonwalks.
Schaf stolperte ein wenig näher an das kleine Wesen, das recht plattgedrückt und lädiert im Boden eingestampft lag.
Neugierig und verwirrt betrachtete er das Reptil, das sich langsam erhob, hingebungsvoll hustete und keuchte, und dann begann, sich mit zornigen Blicken den Staub von den Schuppen zu klopfen.
Jedes mal!, schimpfte der Drache. Jedesmal, wenn so ein blödes, vierbeiniges Tier mich sieht, passiert sowas! Hat kein Wesen auf dieser Welt mehr Respekt vor einem Drachen?
Du bist ein Drache?, fragte Sheep erstaunt.
Muhi sabberte gerade auf seine Hufen und schabte noch einmal kräftig über den Boden. Sieht für mich nach wie vor wie eine Echse aus. Eine giftige noch dazu.
Ich bin keine Echse! donnerte der Minidrache und klopfte sich Dreck von den kleinen Armen. Wie oft muss ich das noch erklären? Seh' ich aus wie eine Echse?
Schaf wiegte den Kopf. Nun Ja...
Was?, bellte das Reptil herausfordernd. Nennst Du mich einen Lügner?
Also, Drachen sind größer. Und sie können Feuer spucken und fliegen.
Ha, meinte Muhi und unterbrach seinen seltsamen Tanz für einen Augenblick. Wenn man ihn wirft, fliegt er sicher ein ganzes Stück weit!
Ich macht euch über mich lustig?, keifte der Drache?
Schaf unterdrückte mühsam ein lächeln. Sieh mal: nicht, dass ich denke, Du schwindelst uns hier an, aber Muhi hat einen überzeugenden Punkt angesprochen. Drachen sind...
Du willst einen Beweis, Du Säugetier?, knurrte das kleine Reptil und stemmte die Fäuste in die Hüften.
Du willst wissen, ob ich wirklich ein Drache bin?
Oh, winkte das Schaf überheblich ab. Haha, schon gut, Kleiner. Überanstrenge Dich nicht. Wir bringen Dich zu Fulli und dann lachen wir alle über den köstlichen Witz.
Der Drache holte tief Luft und spuckte einmal. Sheepie verschwand in einer Feuerwolke.
Muhi erstarrte und schaute zu seinem Kumpel. Als die Flammen sich verzogen, war das Schaf pechschwarz.
Steht Dir gut, meinte die Kuh viel besser, in der Hoffnung, die Situation zu entspannen. Schwarz passt besser zu Deiner zynischen Ader...
Schaf hustete einmal, dann fiel seine gesamte Wolle in feiner Asche auf den Boden. Zurück blieb ein zitternder Paarhufer mit geröteter Haut.
Vor ihm wälzte sich das Reptil im Sand und beölte sich vor Lachen.
Muhi schaltete schnell und wechselte in den Diplomatischen Modus.
Das war beeindruckend, Drache. Und...äh, wenn Du davon absiehst, mich ebenfalls zu rösten, hättest Du die Güte, Dir unser Anliegen anzuhören?
Der Drache stand kichernd auf und nahm eine würdigere Haltung ein. So würdig, wie es für einen Dreissig Zentimeter großen Drachen eben möglich war.
Du meinst die TOWCL, Fullis Team und sein skurriller Plan, die Liga zu gewinnen?
Muhi riss die Augen auf. Du weißt davon?
Das Reptil nickte. Ich bin ein Drache. Drachen wissen alles.
Was ist die Quadratwurzel aus 4793,6?, fragte Muhi.
Alles außer Mathematik, berichtigte der Drache schnell.
Wenn ihr beide fertig seid, krächzte das Schaf, können wir dann los? Mir wird langsam kalt.
Soll ich Dir einen Mantel leihen?, grinste Muhi.
Sehr komisch. Wirklich. Lasst uns gehen. Kommst Du mit Drache?
Das Reptil nickte. Warum nicht? Hier ist es recht langweilig. Die Menschen hier nerven mich und die Höhle ist viel zu groß und zugig.
Schön, meinte die Kuh. Dir wird es bei Team Laval gefallen. Eine verrückte Truppe.
Genau das, was ich möchte, freute sich der Drache. Übrigens, ich heisse Mushu.
Muhi, stellte sich die Kuh vor. Angenehm und das nackte Vieh hier..., er zeigte auf das gerötete Schaf. ...heisst Sheep.
Waren Drachen nicht mal größer?, fragte das Schaf mißgelaunt.
Mushu atmete tief ein. Sheeps Beine zuckten vor sein Gesicht. Nicht spucken...
Der Drache grinste.
Eine Stunde später staunte der Führer nicht schlecht, als das Vieh größtenteils unversehrt zurückkam, in Begleitung des Drachen. Mushu jagte den Führer fort. Die Menschen hier gingen ihn mit der Anbetung auf den Senkel. Außerdem kannte er die Gegend bestens.
Fliegen wir mit dem Airbus?, fragte der Drachen freudig.
Wie denn sonst?, murrte das Schaf. Mit Flügeln ja wohl kaum...
Fulli verkniff sich ein Grinsen, als JetLi schimpfend vor ihm auf und ab ging und über die neuen Rekruten wetterte.
Ein Drache, Fulli! Du hast mir einen Drachen versprochen!. Er zeigte durch das Fenster auf den Appellplatz. Sieh Dir das an! Da steht eine Echse neben einem roten Schaf! Die Kuh besabbert ihre Waffe und die Knackis haben die Ausbilder abgeknallt, nachdem jemand eine Bemerkung über die Schuhe von einen der Typen machte! Wie sollen wir mit so einer Truppe gewinnen? Der Schlumpf und die Echse...
Der Drache, korrigierte Fulli.
...Der Drache von mir aus! Wie sollen Die denn Waffen halten?
Schlümpfe sind kräftiger, als sie aussehen. Und über Drachen brauche ich einen Asiaten wohl kaum aufzuklären, oder? Gib ihnen einfach Waffen und dann schau zu, was passiert.
JetLi stand bebend vor dem Clanleader. Schliesslich seufzte er.
Was soll's. Ein Versuch ist es ja wert. Aber wenn die Typen nix taugen, sind sie raus, klar?
Fulli nickte zustimmend. Okay.
Er folgte dem Trainer, der kopfschüttelnd und leise vor sich hinmurmelnd zum Trainingsparcour ging und stellte sich hinter ihm an die Wand.
JetLi inspizierte die bunte Truppe. Muhi grinste in fröhlichem erwarten, die MP, die um seinen Hals baumelte, tropfte immer noch. Sheep sah recht verstimmt aus. Stellenweise wuchs schon wieder Wolle nach. Biber-Wars hatte einige evolutionäre Anpassungen erfordert, wie zum Beispiel Haare, die sich in zwei Tagen vollständig regenerierten.
Die Jail House Rockers lümmelten sich locker an einer Säule. Shu und Schnubbel quatschen munter miteinander, während Rotz seine Waffe überprüfte.
Mushu hatte sich seine MP unter den Arm geklemmt und probierte, ob er bequem an den Abzug heranreichte.
JetLi schritt zu den Knackis. Nehmt gefälligst Haltung an!, schrie er ihnen zu. Das ist hier kein Kindergarten!
Das ist aber auch kein Gefängnis, meinte Schnubbel.
Dennoch erwarte ich hier Disziplin!
Mit gespieltem Widerwillen stellten sich die Männer gerade hin und schnippten ihre Kippen weg.
Sehr gut, meinte JetLi. Sein Blick fiel auf Shu und wanderte an ihm herunter. Was ist mit Deinen Schuhen?
Was meinst Du?, schnappte Shu.
Hinter ihm machten Schnubbel und Rotz warnende Gesten.
Oh, schon okay, meinte JetLi und winkte ab. Hinter ihm knatterte eine Salve und eine Kuh sprang panisch zur Seite.
Tschuldigung!, rief Mushu und schulterte seine Waffe neu.
JetLi seufzte.
Er trat einige Schritte zurück und hob seine Stimme.
Ihr seid ein Sauhaufen! Und ich fürchte, ich verschwende meine Zeit mit euch! Dennoch werden wir jetzt einen einfachen Trainingslauf machen! Teilt euch in Drei Teams auf und dann stürmt ihr das Gebäude im hinteren Teil des Geländes. Dummies werden dort nach Zufallsprinzip hochspringen. Schiesst sie nieder und ihr habt einen Punkt. Wer verfehlt, verliert einen Punkt. Vergesst ihr einen Dummy und er taucht hinter euch auf: Zwei Punkte abzug. Verstanden? Dann los!
Es dauerte noch ganze Zehn Minuten, bis das Team sich auf Drei Zweierteams geeinigt hatte, wobei es anfangs anscheinend unüberwindbare Probleme gab. Muhi wollte mit dem Schaf laufen, das Schaf wollte gar nicht kämpfen, erst recht nicht mit dem Drachen, der wiederum gerne mit dem Schaf laufen wollte. Die Jail House Rockers wollten ihre Truppe anfangs gar nicht trennen und ein Dreierteam bilden, bis JetLi ein Machtwort sprach, dann auf einmal schnappte sich jeder Knacki ein Vieh und Schnubbel wählte den Drachen.
Die Kombination machte den Ausbilder nicht glücklich. Aber letztendlich war es gleich, wie sich die Truppe aufteilte. Man würde sehen, wer sich mit wem ergänzte, wenn der Probelauf vorbei war.
Zwei Stunden später standen immer noch die Hälfte der Dummies, Mushu hatte ein Teil des Trainingsgeländes abgebrannt, und der Schlumpf saß auf dem Kopf einer anderen Übungspuppe und gab ihr einen Headshot nach dem anderen, begleitet von Sprüchen wie Nimm dies, Du Schuft! und Haha! Wie schmeckt Dir das?
Die Jail House Rockers haben sich verdammt gut gehalten, musste JetLi eingestehen. Und der Drache schien nur wenig Probleme mit seiner Größe zu haben. Zumindest, so lange man ihn nicht darauf ansprach. Sein Aiming und seine Bewegungen waren wirklich gut. Nur an Teamtaktik mangelte es ihn.
Muhi war, entgegen allen Erwartungen, die man in Herdentiere legte, ebenfalls nicht sonderlich vertraut mit Teamplay. Aber meist reichte es, ihn in der Nähe von Feinden abzusetzen und ihn loszuschicken. Der Rest ergab sich von alleine.
Das Schaf war eine Katastrophe. Er traf die Dummies so gut wie nie, meist prallte er gegen die Puppen, die plötzlich vor ihm aufsprangen, oder er erschreckte sich so sehr, dass er blökend über die Map galoppierte und dem Waffenfeuer seiner eigenen Leute ausweichen musste.
JetLi konnte nicht sagen, ob das Schaf zu blöd war für den Kampf oder das Training einfach nicht ernst nahm. Er hatte über die Biber-Wars recherchiert und von den Spezialeinheiten gehört und von ihren wenigen überlebenden. Muhi entsprach allen Gerüchten und Geheimberichten, die der Trainer ergattern konnte. Aber das Schaf war eine Enttäuschung. Wie hat er den Krieg überlebt? Zitternd unter einem Busch oder mit viel Glück und Göttlicher Fügung?
Okay!, rief er in das Megaphon. Zwanzig Minuten Pause! Alle Antreten!
Die Truppe stolperte zurück auf den Appellplatz.
JetLi baute sich vor dem erschöpften Schaf auf.
Was ist Dein Problem?, sagte er verzweifelt. Die Dummies bewegen sich nicht einmal, und wir schiessen hier mit Farbkugeln!
Huh?, fragte das Schaf verwirrt.
JetLi baute sich vor dem irritierten Wolltier auf. Du hast nicht eine Puppe getroffen, dafür aber die meisten umgerannt! Du würdest ein Haus nicht treffen, wenn es über Dir zusammenfiele! Und sobald der Kampf losgeht, kannst Du nicht einmal gradeaus laufen! Nimmst Du irgendwelche Drogen? Oder bist Du einfach nur unfähig?
Mäh?
JetLi seufzte und lies die Schultern hängen. Er drehte sich zu dem Clanleader um und schüttelte den Kopf. Das hat keinen Sinn mit dem Schaf. Er ist zu nichts nütze.
Fulli stieß sich von der Wand ab und schritt zu der Truppe hin. In seiner Hand hielt er eine Thermoskanne.
Jeder hat seine eigene Art im Kampf, meinte er. Mushu zum Beispiel. Er ist alt und weise. In jede Schlacht zieht er überlegt und konzentriert. Die Jail House Rockers haben ihre Fähigkeiten aus den unzähligen Kriegen ihrer Söldnerzeit gewonnen und in der Harten Schule des Gefängnisses. Sie sind gut aufeinander eingespielt und wissen zu improvisieren. Muhi..., er zeigte auf die Kuh und winkte dann unsicher mit der Hand. Naja, bei der Kuh ist es der Wahnsinn. Wer will sich schon mit einem Achthundert Kilo schweren Tier anlegen, das eine Vollautomatische Waffe im Maul trägt und mit den Augen rollt?
Schnubbel nickte. Kann ich nachvollziehen. Ich glaube, ich hab sogar ein paar Dummies gesehen, die versucht haben, sich zu verstecken.
JetLi verschränkte die Arme vor der Brust. Wenn er die Waffe trocken hält, kann noch was aus ihm werden. Und Mushu muss lernen, mehr zu schiessen und weniger die Umgebung abzufackeln. Die Liga hat diesbezüglich sehr strickte Regeln. Aber Fulli..., abermals schüttelte er den Kopf. ...bei dem Schaf sehe ich keine Hoffnung. Sieh es Dir an. Es ist verwirrt, erschöpft und die Waffe hat keinen Schuss abgegeben!
Unsinn, meinte der Clanleader und schraubte die Thermoskanne auf. Jeder hat einen Trigger. Du hättest sein Dossier genauer studieren sollen. Er füllte die Kappe der Thermoskanne und gab sie dem zitternden Schaf. Hier. Trink das.
Dankbar nahm Sheep den Becher und stürzte ihn mit einem Zug runter. Dann verzog er das Gesicht.
Kaffee?, fragte er. Und dann noch schwarz. Hättest Du nicht Milch und Zucker reintun können?
Fulli antwortete nicht. Stattdessen ging er zu den anderen Rekruten und gab ihnen neue Magazine für ihre Waffen.
Das ist scharfe Munition.
Hihi, lachte die Kuh. Sozusagen schafe...
Spar Dir den Witz!, warnte Sheep.
Der Clanleader klatschte in die Hände. Okay. Ladet eure Waffen durch und dann jagt das Schaf.
Vierzehn Augenpaare richteten sich erstaunt auf ihn. Eines davon voller Panik.
Ist das Dein ernst?, fragte JetLi zweifelnd.
Fulli nickte. Und wie.
Aber sie tragen keine Westen, merkte der Trainer an. Das Schaf auch nicht.
Ist mir bewusst, erwiderte Fulli. Dann rief er der Truppe zu: Los gehts! Wer das Schaf als erstes erwischt, bekommt den Schlüssel für die Waffenkammer!
Fünf Wesen sahen sich einen Lidschlag lang an, dann wandten sich fünf Köpfe dem Schaf zu und grinsten Blutrünstig.
Määh?, fragte Sheep unsicher, und bekam als Antwort das vielfache Klicken von schussbereiten Waffen.
Määäääh!!, kreische es und hoppelte davon, als die ersten Schüsse über ihn hinweg peitschten.
JetLi gesellte sich neben den Leader, der zufrieden lächelnd der Schlacht zusah.
Du musst verrückt sein, meinte der Trainer. Das Schaf hat keine Chance. Morgen kannst Du gleich drei neue Paletten an Waffen bestellen, sobald die Truppe das Lager geräubert hat.
Abwarten, meinte Fulli nur.
Fünf Minuten später lag die gesamte Truppe auf dem Boden, über das ganze Gelände verstreut. Das Schaf hüpfte immer noch panisch durch die Gegend, suchte verzweifelt nach Schutz oder nach stehenden Gegnern (um ihnen auszuweichen), und blökte die ganze Zeit hysterisch vor sich hin.
Ab und zu fand er einen Rekruten, der stöhnend auf den Boden lag. Dann kreischte das Schaf und gab noch einmal ein paar Schüsse ab, um darauf hin hektisch davonzuhoppeln.
Unglaublich, sagte JetLi. Und er hatte nur Farbpatronen..
Fulli nickte fröhlich. Siehst Du? Jeder hat einen starken Punkt. Beim Schaf ist es die Panik. Eine kleine Überdosis Koffein, ein paar echte Gegner mit echter Munition, damit die Gefahr auch real wird, und Du hast Deinen Kämpfer.
JetLi schüttelte den Kopf. Davon ist er noch weit entfernt. Schön, sobald er in Panik gerät ist er nahezu unschlagbar. Aber Angst ist kein Schalter, den man einfach anknipsen kann. So ist er wertlos für uns.
Fulli grinste breit und klopfte dem Ausbilder auf die Schulter. Ja. Deshalb ist es Deine Aufgabe, ihn für uns nutzbar zu machen.
Ich weiss nicht, ob das möglich ist, zweifelte JetLi. Und selbst wenn, dann kann man ihn kaum steuern. Ähnlich verhält es sich bei Muhi. Eine Wildsau. Kaum zu kontrollieren.
Dann mach Dich am besten gleich an die Arbeit.
JetLi nickte. Roger.
Die Truppe kam angetorkelt. Das Schaf galoppierte immer noch über das Gelände und Fulli gab dem Trainer ein Betäubungsgewehr, um das vor Angst wahnsinnige Tier ruhig zu stellen.
Muhi schielte auf die Thermoskanne, die auf dem kleinen Tisch stand.
Kann ich auch so einen Kaffee haben?, fragte er sehnsüchtig. JetLi nickte und griff zu der Thermoskanne, doch Fulli hielt ihn davon ab. Nein. Gib ihm nichts!
Wieso nicht?, fragte JetLi. Ist es gefährlich für Muhi?
Im Gegenteil, schüttelte der Leader den Kopf. Es wirkt gar nicht auf ihn. Kriegssyndrom. Aber das ist eine kolumbianische Mischung, extra stark und sauteuer. Hast Du schon mal eine Kuh trinken sehen?
Vor JetLis innerem Auge entstand ein Bild von Kühen an einer Tränke. Seine Phantasie assoziierte ausgetrocknete Flussbetten und leere Seen damit. Entsetzt schaute er Fulli an.
Genau, meinte der Clanleader.
Muhi trottete enttäuscht zurück. Och Menno...
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